Kosten sind nicht gleich Wert!

geschrieben von Ali Altunay am 13.Mär.2013

In den Gutachten, die ich im Rahmen der Personenzertifizierung prüfe, begegnet mir häufig der Fehler, dass Sachwert und Ertragswert erheblich voneinander abweichen (auseinander driftende Wertermittlungsergebnisse).

Bei der Verkehrswertermittlung sind die Kosten für die Herstellung zunächst nur ein Anhaltspunkt für einen möglichen Wert. Der Sachverständige muss stets beurteilen in welcher Höhe den Kosten vom Markt ein Wert beigemessen wird. Bei modellkonformer Anwendung und durchschnittlichen Gegebenheiten ist der Sachwertfaktor in der Lage aus den ermittelten Kosten einen Wert zu transferieren. In einigen Fällen kommt es jedoch zu ernormen Abweichungen. Einige Beispiele aus der Praxis:  

  1. Zuschlag für höhere Geschosshöhen: Der Sachverständige führt bei einem Altbau einen Zuschlag aufgrund höherer Geschosshöhen auf die Herstellungskosten durch. Begründet wird das mit den in den NHK angegeben durchschnittlichen Geschosshöhen. Aufgrund der höheren Geschosshöhen resultieren höhere Herstellungskosten. Das ist zunächst nachvollziehbar. Was jedoch berücksichtigt werden muss ist der Marktbezug. Wenn auf dem jeweiligen Immobilienmarkt aufrund höherer Geschossdecken kein Mehrwert erzielt wird, kann dieser Umstand vernachlässigt werden und führt nicht zu Zuschlägen. Erst bei Immobilien, bei dennen der Markt bereit ist, aufgrund der höheren Geschossdecken, mehr zu zahlen würde ein Zuschlag in Betracht kommen.
  2. Besondere Bauteile und Betriebseinrichtungen: Immer wieder ist die Frage nach dem angemessenen Zuschlag für besondere Bauteile und Betriebseinrichtungen. Hierbei ist immer zu berücksichtigen inwieweit eine besonderes Bauteil oder eine Betriebseinrichtung den Wert beeinflusst. Dies kann mitunder von Immobilie zu Immobilie sehr unterschiedlich sein. Das soll am folgenden Beispiel verdeutlicht werden. Ein Schwimmbecken im Keller eines Bewertungsobjektes, welches sich in sozial schwacher Lage befindet hat keinen Wert. Vom potenziellen Markt wird dieser sogar als wertmindernd gesehen, weil dieser Kreis den Unterhalt eines Schwimmbeckens als eine zusätzliche finanzielle Belastung sieht ("Loch im Keller"). Das gleiche Schwimmbecken, in einer entsprechend hochpreisigen Lage, kann hingegen durchaus zu einer erheblichen Werterhöhung führen.
  3. ehemalige Produktionshalle: Eine bautechnisch aufwendig hergestellte Produktionshalle steht leer. Aufgrund der Marktlage kommt als Folgenutzung nur noch "einfache Lagernutzung" in Betracht. Der Sachverständige rechnet entsprechend im Ertragswertverfahren mit Mieten für einfache Lagernutzung. Im Sachwertverfahren rechnet er aber mit den tatsächlichen Herstellungskosten dieser Produktionshalle. Entsprechend driften beide Wertermittlungsergebnisse auseinander. In solchen Fällen muss auch im Sachwertverfahren analog mit den Herstellungskosten einer einfachen Lagerhalle gerechnet werden. 

   

Hinweis: Mein Blog enthält unausweichlich Weisheiten, die bereits irgendwo anders geschrieben stehen. Ich versuche in meinem Blog eine klare Sprache zu sprechen. Genießen Sie die Einfachheit mancher Beiträge. Literaturempfehlung und häufig zitierte Quelle: Prof. Wolfgang Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 6 Auflage 2010, ISBN 978-3-89817-808-2